Irgendwie schon merkwürdig, wenn man schon den ganzen Tag desöfteren anfangs unbewusst eine Melodie pfeift oder summt und sich plötzlich dran erinnert, woher diese Melodie stammt. Er hat sie früher immer gepfiffen. Und noch ein wenig merkwürdiger wird es dann, wenn einem klar wird, welcher Tag heute ist. Sein Geburtstag. Fünfzig wäre er geworden.
Ich erinnere mich noch gut an den letzten Geburtstag, den er miterleben durfte, den vor drei Jahren: Damals war alles was er wollte, seinen 48. noch miterleben zu dürfen. Und ich war fast bis zum Ende davon überzeugt, dass er das auch schaffen würde.
Meine Großmutter wärmte letztens auch wieder eine ähnliche Erinnerung auf. Er habe wohl "immer" schon gesagt, dass er an seinem 50. Geburtstag an einem Herzinfarkt sterben wolle, worauf mein Opa einwarf, dass "immer" auch erst das letze halbe Jahr gewesen sei.
Und an Tagen wie heute tun die Erinnerungen gar nicht mal allzu böse weh. Es fühlt sich zwar immer noch merkwürdig an, aber irgendwie gibt es keinen Zwang mit jemandem drüber zu reden. Das hat wohl auch viel damit zu tun, dass ich gestern nicht gezwungen war beim Kaffeetrinken anlässlich des Geburtstages meines Bruders anwesend zu sein. Dort fällt die letzten drei Jahre nämlich überlicherweise mindestens einmal irgendeine Bemerkung darüber, was Martin heute bestimmt tun würde, was er irgendwann mal getan hat oder irgendwelche Neuigkeiten über sein Grab. Und vorzugsweise kommen diese Bemerkungen dann von meiner Oma. Nicht das ich etwas dagegen hätte mich zu erinnern, eher im Gegenteil, dass tue ich wohl manchmal wirklich zu selten. Aber es geschieht immer in so einem anklagenden Unterton, so als wolle sie damit sagen "Er ist tot und ihr seid trotzdem fröhlich".
Und ich kann mich immer noch nicht entscheiden, ob ich ein schlechtes Gewissen haben muss, dass ich nicht an seinem Grab war.
...
Ich wünsche, dass Du recht hast, das wäre tröstlich,
dann weißt Du ja jetzt, ich vergesse Dich nicht.
Wir haben gestritten, uns angebrüllt,
uns weh getan, Fehler gemacht,
doch verzeihen, versöhnen, den anderen verstehen,
hast Du mir beigebracht.
...
Glaube mir, Papa, ich behalte Dich lieb.
Pur
night shadow - 13. Feb, 23:03
Was tut man eigentlich, wenn man nach einem Jahr mit wenig Kontakt feststellt, dass man scheinbar doch den Draht zu einer Person verloren hat? Gibt man sich selbst die Schuld, weil man selbst nicht alles getan hat, um diese Freundschaft aufrecht zu halten oder macht man es sich einfach und schiebt die Verantwortung auf den anderen, weil der ja nie Zeit hatte? Oder sucht man vielleicht den Mittelweg?
Und mal unabhängig von der Schuldfrage, was macht man nun dagegen? Hat man eine Möglichkeit etwas zu tun? Und was vielleicht noch viel wichtiger ist, was zieht man da nun für Konsequenzen raus? In Zukunft keine Freundschaften mehr so schleifen zu lassen? Oder ist es einfach unabänderlich, dass man sich mit der Zeit auseinander entwickelt, wenn man nicht mehr die Zeit hat für einander, um gewissermaßen auf dem selben Stand zu bleiben?
Und warum habe ich in diesem bestimmten Fall eigentlich seit gestern das Gefühl, dass man versucht mir die Schuld in die Schuhe zu schieben? Na gut, ich gebe ja zu, dass ich da einen Geburtstag vergessen habe, aber früher war es ja auch immer irgendwie möglich sich zumindest einmal im Monat zu melden.
night shadow - 13. Feb, 19:59
Manchmal hat so eine Grippe, die einen gnadenlos niederknüppelt, schon ihre Vorteile. Beispielsweise lähmt sie die Gedanken soweit, dass man gar nicht mehr fähig ist zu grübeln, selbst wenn man es denn wollte.
Aber vielleicht gibt es ja auch ausnahmsweise einfach einmal nichts, worüber man nachdenken muss. Alle ... nennen wir sie mal unvorhergesehenen Komplikationen halten momentan angemessenen Abstand zu mir und ich kann nicht einmal behaupten, dass mich das sonderlich unglücklich macht. Aber nur weil gerade niemand seine Probleme zu mir trägt, heißt das wohl nicht, dass niemand mehr Probleme hat.
Wobei "niemand" auch falsch gesagt ist. Schließlich wurde mir gestern erneut deutlich gemacht, dass es nicht für alles eine Lösung gibt, dass man manchmal gar keine andere Wahl hat, als hohle Phrasen aufzusagen und zu hoffen, dass zuhören hilft.
Ich weiß auch nicht. Warum nicht einfach einmal akzeptieren, dass die Menschen schon zu mir kommen werden, wenn sie etwas wollen und aufhören sich Gedanken zu machen, die ohnehin niemand braucht? Warum nicht den vorläufigen Waffenstillstand zwischen dem Leben und mir annehmen, sondern weiterhin darauf warten, dass die Wolken sich wieder vor die Sonne schieben? Vielleicht weil es unausweichlich ist, dass sich die Sonne wieder verdunkelt und ich mich in der Rolle des Pessimisten mittlerweile einfach zu Hause fühle, so dass es schwer ist, sie für längere Zeit aufzugeben.
night shadow - 13. Feb, 15:10
Ein wirklich geniales Wochenende verlebt. Freitag mit Danny im Zirkus gewesen und auch wenn wir die meiste Freude an der Zuckerwatte hatten, die wir uns in der Pause gönnten, war es doch irgendwie ganz lustig.
Samstag dann vergleichsweise früh aufgestanden und mich zum Bahnhof begeben, um zwei Menschen in Empfang zu nehmen. Den Tag dann überwiegend mit Wizard spielen verbracht (wieviele Runden haben wir jetzt eigentlich gespielt?), sich die Nacht mal wieder halb um die Ohren geschlagen, aber schön war es doch. Auch wenn es aus verschiedenen Gründen nachdenklich macht.
Es wurden viele alte Erinnerungen wieder herausgekramt und an Sachen gerührt, die mehr oder weniger in Vergessenheit geraten waren. Irgendwie komisch, wenn man erfährt, dass man anstatt - wie erwartet - egal zu sein, scheinbar ein Problem dar stellt. Obwohl es mich nicht zu interessieren braucht und das auf keinste Weise irgendeinen Einfluß auf mein Verhalten haben wird (naja, wie auch? Zumindest dahin sind die Brücken tatsächlich abgebrochen). Irgendwie habe ich ohnehin das Gefühl, dass da etwas zu sehr aufgebauscht wurde. Prinzipiell ist ja nichts passiert und hätte man das am Ende nur ein wenig anders geregelt, dann gäbe es überhaupt nichts, worüber es sich zu schreiben lohnen würde. Obwohl es sich eigentlich auch jetzt gar nicht lohnt drüber zu schreiben.
Naja, wie auch immer, mein Problem ist es ja nicht.
Und auch wenn es so ausschaut, als würde mich jetzt eine böse Erkältung niederhauen, wert war es das Wochenende doch alle mal. Auch wenn ich zwischendurch das Gefühl hatte, die Aufmerksamkeit nicht richtig verteilt zu haben. Aber ich hoffe da einfach mal, dass ich mich täusche.
night shadow - 11. Feb, 20:53
Eine Bühne, ein Mann und eine Gitarre, ein paar Erinnerungen und ein stilles, fast schon andächtiges Publikum reichen wohl für einen denkwürdigen Abend.
Nach einer guten halben Stunde Irrfahrt durch Detmold, verzweifeltem Karte lesen und dem Rat eines etwas unfähigen Polizisten fanden wir endlich die Stadthalle, die kleiner war als gedacht.
Um Punkt 20 Uhr wurde dann das Licht gedämpft, der Vorhang ein Stück zur Seite gehalten und er trat auf die Bühne. Hannes Wader live und in Farbe! Und für seine fast 65 Jahre hat der Mann eine wirklich beachtliche Leistung gebracht, wie ich finde. Dazu noch mit kaputtem Finger, aber dafür mit einer Stimme, die über CD nicht halb so gut rüberkommt wie live. Teilweise wirklich absolutes Gänsehautfeeling. Da konnte man dann auch großzügig übersehen, dass ich den Alterdurchschnitt wohl erheblich senkte.
Das Programm ganz nett aufgelockert mit ein paar Geschichtchen zu den einzelnen Liedern und ein paar putzigen Witzchen (beispielsweise nachdem wir ihn zur zweiten Zugabe rausgeklatscht hatten: "Danke, dass ihr mich noch einmal rausgeklatscht habt, ich wollte euch doch noch ein Gute-Nacht-Lied singen."), an denen allerdings meistens wohl der passende Gesichtsausdruck das wirklich lustige war.
War auf jeden Fall ein toller Abend und falls sich die Gelegenheit noch einmal bietet, gerne wieder.
night shadow - 8. Feb, 18:02
Das Jahr ist längst vorüber
und es hat wieder nicht geklappt.
Es ist wie die U-Bahn, die nicht kommt
oder der Mut, den man nicht hat.
Was nützt deine Stimme,
was nützt die Blessur?
Du kannst mich nichmal anseh'n,
in deinen augen steht: Wofür?
Du scheinst zu ersticken
in der Zeit, die ich verbrauch',
um deine Tränen zu zähl'n,
ich weiß es doch auch.
Ich wusste es schon immer
und so schmerzvoll es auch ist:
ich kann dir nicht helfen,
ich bin feige, ich hab Schiss.
Wenn sie dich fragen wo wir war'n,
sag dort wo wir nicht hingehör'n,
da wo die Schiffe fahr'n.
Bin noch müde, lege mich in deinen Schoss,
er ist ganz warm, vielleicht sicher,
aber dennoch ahnungslos.
Trägst du mich durch die Straßen?
Ich revanchier mich irgendwann.
Diese Stadt ist ein verdammter Mutterbusen,
jeder darf mal ran.
Wenn sie dich fragen wo wir war'n,
sag dort wo wir nicht hingehör'n,
da wo die Schiffe fahr'n.
Clickclickdecker
night shadow - 5. Feb, 20:56
Dank Paracetamol vorläufig zahnschmerzfrei (sollte ich eventuell doch ernsthaft den Gedanken an eine Weisheitszähne-OP in Erwägung ziehen?) und vom Fahrlehrer das ok für die Prüfung bekommen, ja sogar fast gelobt worden. Langsam wird es aber auch Zeit.
night shadow - 5. Feb, 15:55
Ich weiß einfach nicht, wie man es auf den Punkt bringen soll. Dieses Gefühl hoffnungslos überfordert zu sein. Leer zu sein. Total zu resignieren. Und gleichzeitig das Gefühl zu haben, dass ich das alles doch nur mal wieder dramatisieren. Da ist nichts, was objektiv betrachtet nicht zu schaffen ist. Und trotzdem krebse ich die ganze letzte Woche nur so vor mich hin, nicht fähig irgendetwas Sinnvolles auf die Beine zu bringen. Vielleicht seh ich auch einfach vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Ich weiß es nicht.
Ratlos, verwirrt. Zuviele Punkte an denen man ansetzen könnte, ansetzen müsste. Und das regungslose Verharren und Abwägen wo man anfangen soll.
night shadow - 2. Feb, 23:43